Eine „indiskrete“ Lesereise zum Weltfrauentag

Am Abend des 8. März, dem 112. Weltfrauentag, fand in der Aula der Ziehenschule die Lesung „Indiskret“ statt. Die vorgelesenen Texte stammen von sieben berühmten Künstlerinnen und Denkerinnen, wie z.B. Hannah Arendt, Mascha Kaléko oder Käthe Kollwitz, und wurden von Schülerinnen der Oberstufe interpretiert. Bei den gelesenen Auszügen handelt es sich aber nicht um redigierte Werke der Frauen, sondern um private Tagebucheinträge und Briefwechsel, die einen „indiskreten“ Einblick in das vom Nationalsozialismus erschütterte (Gefühls-)Leben der Frauen geben.

Bei ihrer Ankunft erwartete die Gäste eine verwandelte Aula. Große Seidenfahnen mit den Konterfeis und Handschriften der Frauen bewegen sich langsam im warmen Schein von gedämpftem Licht. Auf der Bühne steht neben dem Flügel ein Tisch mit zwei noch leeren Stühlen. Die Publikumsreihen werden von kleinen Tischchen durchbrochen und im hinteren Teil der Aula hat der Verein der Freunde und Förderer einen Verpflegungsstand aufgebaut. Eingeleitet von einer kleinen Anmoderation und einem Vorwort von Frau Leonhardt, Schriftkünstlerin und verantwortlich für die Konzeption der Lesung und die künstlerische Gestaltung der Seidenfahnen, beginnt schließlich die Lesung. Die Texte werden von unterschiedlicher musikalischer Begleitung eingerahmt, etwa am Flügel oder mit der Violine. Eröffnet wird der Abend mit dem Stück „La Campanella“ von Franzt Liszt. Es schließen sich Texte von Hannah Arendt, Briefwechsel von Nelly Sachs an Paul Celan, Tagebucheinträge von Mascha Kaléko und ein weiterer Briefwechsel von Annemarie Schwarzenbach an Erika Mann an, durchbrochen von musikalischen Darbietungen von Schülerinnen und Schülern der Ziehenschule. Nach einer kleinen Pause geht es weiter mit Texten von Erika Mann und Else Lasker-Schüler. Beschlossen wird der Abend durch Tagebucheinträge von Käthe Kollwitz und dem Klavierstück „Experience“ von Ludovico Einaudi.

Durch die Lesung wurde ein persönliches Kennenlernen der einzelnen Frauen möglich, das weit über die biografischen Fakten hinausgeht.

Auch vor dem Hintergrund des aktuellen Weltgeschehens können wir von diesen Frauen heute noch lernen. Denn trotz der Verfolgung durch das Nazi-Regime, psychischer Krankheit oder schrecklicher Schicksalsschläge, wie dem Verlust von Freunden, Familie oder den eigenen Kindern im Krieg, haben diese Frauen immer einen Weg gefunden, sich für ihre Familien einzusetzen und für ihre Überzeugungen zu stehen. Und das in einer Welt, in der sie, gerade als gebildete Frauen, die etwas erreichen und verändern wollten, besonders viel zu kämpfen hatten. Aber vielleicht ist es genau das, was diese sieben Frauen zu „starken“ Frauen macht: dem Horror des Krieges zum Trotz haben sie sich ihre Menschlichkeit bewahrt und ihren Lebensmut nicht verloren. Und auch wenn ihr Kampf nicht immer erfolgreich war, haben sie sich dennoch entschieden, weiterzumachen und weiterzuleben.

Um es mit den Worten Hannah Arendts zu sagen: „Vergebung ist der Schlüssel zum Handeln und zur Freiheit.“

Natürlich wäre diese Soirée nie ohne die zahlreichen Freiwilligen zustande gekommen, die entweder onstage ihre Stimme verliehen oder backstage in tragenden Rollen fungiert haben.

Daher geht unser herzlicher Dank zuallererst an Frau Leonhardt, die für die Konzeption und Leitung der Lesung verantwortlich war, sowie an Frau Rogler und Frau Dr. Blankenberg für die Organisation des gelungenen Abends. Außerdem möchten wir uns beim Verein der Freunde und Förderer bedanken, die für eine kulinarische Begleitung des Abends gesorgt haben. Und zu guter Letzt gilt unser Dank der Aulatechnik, den Musikerinnen und Musikern, der Moderation und natürlich den Leserinnen, ohne die die sieben Frauen nicht zum Leben erwacht wären.

Flyer zu Ausstellung und Lesung

Trailer zur Lesung "Indiskret"

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Amelie Förster, Q2 (06.05.2023)

Veröffentlicht in: Schulleben