L‘Abibac – À quoi bon?

Warnung: Aufgrund der Frankophilie (voir: francofollie) des Verfassers besteht die Gefahr von Einseitigkeit zugunsten von Aspekten des Französischen!

Bei der Vorstellung des Profils der Ziehenschule im Rahmen der Informationsabende an Grundschulen für den Wechsel zu den weiterführenden Schulen und auch an den Tagen der Offenen Tür der Ziehenschule begegnete ich oft Vorbehalten gegen Französisch im Allgemeinen und Abibac im Besonderen - „Was soll das“ - , die ich versuchte zu entkräften, nicht immer, so doch oft erfolgreich.

„Englisch ist die wichtigste Fremdsprache.“

Ja, das stimmt. Wenn Kinder in die 5. Klassen der weiterführenden Schulen kommen, haben sie Grundkenntnisse im Englischen, erworben in der Regel als ehemals sogenannte Frühfremdsprache in der Grundschule, aber auch im täglichen Leben.

Ja, Englisch ist die wichtigste Sprache in der internationalen Welt. Deshalb lernt jedes Kind in der Schule Englisch.

Aber: Deutschland hat ein Nachbarland, dessen Sprache nicht Englisch ist, und diese beiden Länder bilden das Kernstück der Europäischen Gemeinschaft.

Und: ein jeder hat Kenntnisse in Englisch. Gute Sprachkenntnisse in einer zweiten Fremdsprache sind – vor allem im Berufsleben – oft ein entscheidendes Kriterium.

„Spanisch ist die weltweit zweithäufigste Sprache.“ Ja, auch das trifft zu. 

Aber: Spanisch ist aber nicht die Sprache unseres Nachbarlandes. Und in den spanischsprachigen Urlaubsregionen kommt man auch ohne Spanisch gut zurecht.

Mallorca spricht Deutsch!

„Französisch ist eine schwierige Sprache.“

Das trifft zu, ebenso wie für Latein. Aber im Gegensatz zu Latein ist Französisch eine lebende Sprache. Englisch ist leichter zu erlernen, aber Englisch lernen sowieso alle. Spanisch ist leichter als Französisch, zumindest im Anfangsunterricht. Das kehrt sich aber im weiteren Spracherwerb um, leidvolle Erfahrungen zeigen.  

Auch Englisch wird im weiteren Spracherwerb schwieriger. Aber gerade hier profitieren Schülerinnen und Schüler, die Französisch als 1. Fremdsprache erlernt haben, von ihren Französischkenntnissen. Englisch ist eine hybride Sprache, die sich über den Lauf der Jahrhunderte aus vielen europäischen Sprachen gebildet hat. Die letzten und entscheidenden Einflüsse kamen aus Frankreich. Sehr viele englische Wörter lassen sich aus dem Französischen ableiten. Wilhelm dem Eroberer (1066!) ist es zu verdanken, dass Burger Buns mit einem patty belegt werden. Niemand vermutet dahinter das französische Wort „pâté“.

Natürlich ist Französisch für Kinder, die aus einer muttersprachlichen Familie kommen, leichter. Sie sprechen zuhause vielleicht Französisch, doch kaum einer kann es auch schreiben. Und der bilinguale Sachfachunterricht ist für alle eine Herausforderung. Das zeigt sich auch in den Abibac-Prüfungen, in denen die Muttersprachler nicht automatisch reüssieren.

„Abibac ist sehr aufwendig.“

Richtig, denn neben dem Erwerb der Sprache werden auch noch weitere Fächer auf Französisch unterrichtet – Erdkunde, Geschichte, Politik und Wirtschaft. Für Schülerinnen und Schüler bedeutet dies einen deutlich höheren Lernaufwand. 

Dafür bekommen sie aber Kenntnisse und Erfahrungen aus unterschiedlichen Perspektiven vermittelt, was man unter Allgemeinbildung versteht. Die Erfahrungen, die sie bei Austauschen und dem Internationalen Betriebspraktikum machen, sind in der Schule nicht zu vermitteln. Hier begegnen sie dem richtigen Leben im realen Lebensraum der französischen Gesellschaft, aber auch dem Land in seiner Schönheit und Vielfalt: das ist etwas anderes als bei einem Frankreichurlaub mit den Eltern.

Der Aufwand, den wir von unseren Schülerinnen und Schülern erwarten, findet sich auch auf Seiten der Schule. Komplizierte Klassen- und Kursbildung, differenzierter Lehrkräftebedarf und -einsatz, aufwendige Stundenpläne. 

Lohnt sich dieser Aufwand? Hier antworte ich mit einem eindeutigen Ja! Mit Abibac entwickelt eine Schule ein eindeutiges, markantes Profil. Es zieht die Aufmerksamkeit auf die Schule, andere Schulen orientieren sich an ihr. Die Ziehenschule war nach dem Friedrich-Ebert-Gymnasium in Bonn die zweite Schule bundesweit, die den bilingualen Schulabschluss, das Abibac, anbot.

Inzwischen haben nicht viele, aber doch einige weitere Schulen diesen Weg eingeschlagen. Es gibt ca. 80 Schulen in Deutschland, davon sieben weitere in Hessen, die Abibac in ihrem Programm haben. Die Ziehenschule war in häufigen Fällen die Referenzschule, an deren Erfahrungen sich andere orientierten, bis hin in Weimar.

Entscheidend für eine Abibac-Schule sind die Kontakte nach Frankreich. Nichts schafft eine bessere Verbindung zwischen Sprache und Leben wie gegenseitige Besuche. Dies gilt für Schülerinnen und Schüler, aber auch für Lehrerinnen und Lehrer. Insbesondere für sie gilt die Maxime des lebenslangen Lernens.

Fazit

Abibac ist eine Herausforderung, aber wir wachsen mit unseren Herausforderungen. Dies gilt für Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer, aber auch für die Schule selbst. Es ist wie beim Radfahren: kurbeln, nicht treten. Was bedeutet dies in der Anwendung auf Lernen und Organisation? Bei plötzlichen Problemen in die Pedale zu treten, garantiert nicht den Erfolg. Besser ist es, immer am Kurbeln zu bleiben und beim Auftreten von Problemen den Schwung aus der problemlosen Zeit mitzunehmen.

Mein Dank gilt den Kolleginnen und Kollegen, ehemals und aktuell, die sich bei der Einrichtung, der Entwicklung und dem Bestand des Abibac-Zweiges engagiert haben. Mein

Kompliment und meine Anerkennung gehen an die rund 400 bis 500 Absolventinnen und Absolventen des Programms.

Ich wünsche der Ziehenschule viel Erfolg auf ihrem weiteren Weg mit Abibac als hervorstechendem Profil der Schule. Deshalb: Immer schön am Kurbeln bleiben, damit ich – hoffentlich! – in zwanzig Jahren am Jubiläum zu 50 Jahren Abibac teilnehmen kann.

Bonne Chance! Et: Vive l’amitié franco-allemande! Vive l’Abibac!

Bild 1: Herr Eichenauer und Frau Malkomes (Elternsprecherin), 
Bild 2 und 3: Das buffet ist eröffnet, 
Bild 4: Auf die nächsten 30 Jahre Abibac an der Ziehenschule, 
Bild 5: Wir freuen uns auf ein Wiederehen!

Manfred Eichenauer, OStD i.R., 
Schulleiter der Ziehenschule 2001-2017, 
Fremdsprachenlehrer für Englisch und Französisch
Fotos: Dr. Christine Michel (23.2.2023)

Beiträge zum Abibac-Jubiläum 2022

Das Abibac gibt es an der Ziehenschule seit 30 Jahren. Wir feiern dies und freuen uns, Ihnen unsere Festschrift "30 Jahre Abibac an der Ziehenschule" vorzustellen. Die Sammlung von Beiträgen von ehemaligen Schülern und Lehrern der Ziehenschule bietet einen einzigartigen Einblick in die Geschichte und die Erfolge unseres Abibac-Programms. Die persönlichen Geschichten und Anekdoten der Autoren vermitteln ein Gefühl für die Bedeutung der bilingualen Ausbildung und lassen uns das besondere Gemeinschaftsgefühl an der Ziehenschule nachvollziehen. 

Festschrift

  • Die Festschrift zum Abibac-Jubiläum "30 Jahre Abibac an der Ziehenschule" am 5. Juli 2022 als pdf

Reden

  • Wie alles begann: eine Rückschau im Rahmen des Jubiläums auf den Beginn des Abibac an der Ziehenschule von Silvia Bouffier-Spindler, ehemalige Lehrerin und Leiterin des Staatlichen Schulamts Frankfurt
  • 30 Jahre AbiBac, 30 Jahre deutschfranzösisches Abitur, 30 Jahre Schülerinnen und Schüler auf das Europa der Zukunft vorbereitet: Rede von Nicola Beer, Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments

Grußworte

  • Grußwort zum AbiBac-Jubiläum des Bevollmächtigten der Bundesrepublik Deutschland für kulturelle Angelegenheiten im Rahmen des Vertrags über die deutsch-französische Zusammenarbeit, Ministerpräsident Hendrik Wüst MdL
  • Prêt.e.s pour l'envol - Bereit zum Durchstarten: Grußwort anlässlich 30 Jahre Abibac an der Ziehenschule von Prof. Dr. R. Alexander Lorz, Hessischer Kultusminister 

Impressionen

Berichte

Veröffentlicht in: Bilingual