Zeitzeuge der Auschwitz-Prozesse zu Besuch

Gerhard Wiese, ehemaliger Oberstaatsanwalt bei den Frankfurter Auschwitz-Prozessen, im Gespräch mit den Abiturientinnen und Abiturienten der Ziehenschule

Gerhard Wiese, welcher Staatsanwalt bei den Frankfurter Auschwitz-Prozessen war, kam am 15.12.2022 zu uns an die Schule, um als Zeitzeuge mit den Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufe Q3 über seine Erlebnisse und Erfahrungen von damals ins Gespräch zu kommen.

Gerhard Wiese wurde 1928 in Berlin geboren. Er war Jurist und kam während seines Studiums nach Frankfurt. Im Jahre 1962 wurde er einer von drei Staatsanwälten in den Auschwitz-Prozessen, die unter dem maßgeblichen Einfluss des damaligen Generalstaatsanwalts Fritz Bauer zustande kamen. Gerhard Wiese verfasste die Anklageschriften für Oswald Kaduk und Wilhelm Boger. Seine Tätigkeiten wurden im Jahre 2017 mit dem Bundesverdienstkreuz gewürdigt.

Zu Beginn seines Vortrags erzählte Herr Wiese ausführlich über sein Leben. Er berichtete über seine Jahre im Krieg, seine sowjetische Gefangenschaft und darüber, wie er schließlich Jurist und Staatsanwalt bei den Auschwitz-Prozessen wurde.

Im zweiten Teil des Vortrags hatten wir Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, Fragen an ihn zu stellen. Diese Fragen gehörten zu den unterschiedlichsten Themen. Zum einen, wie er die NS-Zeit erlebt hat oder welche Vorkenntnisse er zu Auschwitz hatte, bevor er Staatsanwalt wurde und sich mit dem Thema befasste. Es gab aber auch sehr persönliche Fragen. Eine Frage lautete: „Wie stehen sie persönlich zu diesen Prozessen?“- Darauf antwortete er, dass er so gut wie möglich seine Pflichten als Jurist erfüllt hat. Gefragt nach seiner persönlichen Betroffenheit sagte er, dass er immer froh gewesen sei, wenn er nach den Zeugenbefragungen bzw. den Prozesstagen wieder nach Hause konnte, um Abstand zu zu gewinnen. Aber auch, was nach den Prozessen passierte, interessierte uns. Welche Auswirkungen es auf sein Leben hatte, in diese Prozesse involviert zu sein, oder welche Bedeutung er den Auschwitzprozesse heute rückwirkend zusprechen würde.

Insgesamt war es ein beeindruckender und fesselnder Vortrag, von dem wir viel profitieren konnten. Ein großer Dank gilt Herrn Wiese, welcher sich die Zeit für unser Gespräch genommen hat.

Text: Lisa Trosch, Birgit Blankenberg; Fotos: Birgit Blankenberg (17.02.2023)